Der erste Mann, der in mich eindrang, war mein Vergewaltiger. Es war in einem heißen Sommer irgendwann in den 90ern, und er wollte nicht nur Sex mit mir, er wollte mich zerstören. Als ich begriff, was er, der ältere Bruder eines Mitschülers, in den ich heimlich verliebt war, im Begriff war, mir anzutun, zog ich mich in einen Bereich tief in meinem Inneren zurück, der sicher vor ihm war. Aber ich war nicht sein erstes Opfer. Er kannte die Überlebensstrategien. Er fand Wege, zu diesem Ort vorzudringen und seine Spuren auf meiner Seele zu hinterlassen. Seither lebe ich mit ihnen, den Spuren, den sichtbaren und den unsichtbaren.
Auf eine Zeit der völligen, inneren Erstarrung folgte eine der Selbstzerstörung. Drogen, Selbstverletzung und Hunger. Ein Mittel meiner Selbstbestrafung war Sex. Ich hasste Sex. Ich hasste Männer. Was ich wollte, war nicht Befriedigung, es war das Gefühl, Kontrolle zu haben. Nichts, was ein Mann mir jemals antun konnte, sollte mich je wieder überraschen können. Ich wollte vorbereitet sein. Jemand wie ich, eine 17jährige mit frischen Schnitten auf den Unterarmen, trägt eine Art Leuchtreklame über ihrem Kopf. Unzählige Male wurde versucht, mir erneut Gewalt anzutun. Mein Lehrer, mein Chef, Fremde, Freunde, Väter von Freundinnen. Ich war Freiwild, als Opfer markiert und zu nichts anderem gut. Ich verachtete die Männer und hatte trotzdem Sex mit ihnen. Ich fand, wenn sie mit mir schliefen, sei das ein Ausdruck dessen, wie verachtenswert sie waren. Mein Selbstwertgefühl war irgendwo bei Null. Dieser Sex war nie liebevoll und oft gewalttätig. Immer wieder holte mich meine Vergewaltigung ein, nirgendwo war ich vor den Erinnerungen sicher.